Kündigen ohne neuen Job: Eine Lösung mit Risiken

Von Christina Holl on 24. Februar 2020

Sie brauchen nur an die Arbeit zu denken, und schon macht sich ein ungutes Gefühl in der Magengegend breit. Ihre Tätigkeit ist nur noch eine sich täglich wiederholende Quälerei. Am liebsten würden Sie sofort kündigen. Aber ohne neuen Job in der Tasche? Unmöglich, denken Sie. Falsch! Wir verraten Ihnen, wann Sie das Risiko eingehen sollten – und wie es danach weitergeht.

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„Should I stay or should I go?“ – gründlich abwägen

Gehen oder bleiben? Diese Frage stellten sich nicht nur die britischen Punkrocker von „The Clash“ Anfang der Achtziger. Tausenden von Arbeitnehmern geht es auch heute nicht anders, wenn sie über ihren aktuellen Job nachdenken. Manch einer würde lieber sofort alles hinwerfen.

Doch kündigen ohne neuen Job? Viele scheuen diesen Schritt. Schliesslich entsteht damit eine erklärungsbedürftige Lücke im Lebenslauf. Ausserdem verlieren Mitarbeiter bei eigener Kündigung meist den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Und das sind nicht die einzigen Konsequenzen, die auf Sie zukommen können, wenn Sie selbst kündigen, ohne einen neuen Job zu haben. Auch die Verhandlungsposition bei einem neuen Jobangebot ist oft schwächer.

Es ist also ohne Frage riskant, einen sicheren Job zu kündigen, ohne einen neuen Job in der Hinterhand zu haben. Impulsivität ist hier fehl am Platz. Es kann aber durchaus Gründe geben, die dafür sprechen, den Arbeitgeber schnellstmöglich zu wechseln. Wichtig dabei: Wägen Sie das Für und Wider dieses Schritts gründlich ab.

Gute Gründe für eine Kündigung ohne neuen Job

„If I go there will be trouble, and if I stay it will be double.“ Fühlen Sie sich bei dieser Zeile aus dem The-Clash-Song irgendwie an Ihre Situation im Job erinnert? Dann liegt möglicherweise ein guter Anlass für eine baldige Trennung von Ihrem Arbeitgeber vor – auch ohne die Sicherheit eines neuen Jobangebots. Sehen Sie genau hin: Woran liegt es, dass Sie sich in Ihrer Arbeit so unwohl fühlen? Was passiert, wenn Sie sich dem weiter aussetzen? Und ganz wichtig: Ist eine Veränderung zum Positiven absehbar?

Auch wenn Sie kein neues Jobangebot vorliegen haben, ist eine Kündigung in folgenden Fällen sinnvoll:

  • Sie gefährden Ihre Gesundheit: Ihre Gesundheit muss immer an erster Stelle stehen! Darum sollten Sie fürsorglich mit sich umgehen – und im Zweifel kündigen, wenn Sie der Job krank macht. Nehmen Sie Warnsignale ernst. Damit sind nicht nur körperliche Anzeichen gemeint. Steuern Sie beispielsweise auf ein Burnout zu, ist eine Kündigung ohne neuen Job nicht nur eine Notlösung, sondern oft die beste Entscheidung. So können Sie sich zunächst voll und ganz darauf konzentrieren, gesund zu werden, um dann mit neuer Kraft durchzustarten. Angesichts der aktuellen Arbeitsmarktsituation speziell im Fachkräftebereich dürfte es nicht lange dauern, bis Sie einen neuen Job gefunden haben.
  • Sie werden ausgenutzt: Unbezahlte Überstunden werden zur Regel, personelle Verstärkung oder eine verringerte Arbeitslast sind nicht in Sicht. Ihre Bitte um Ausgleich stösst auf taube Ohren oder Sie werden immer wieder vertröstet. In dieser Situation kann eine Kündigung eine gute Option sein. Denn nebenbei noch Zeit für die Jobsuche aufzubringen, ist unter solchen Umständen kaum möglich.
  • Ihre Sicherheit ist in Gefahr: Sicherheit geht vor. Sie haben zwar einen sicheren Job, aber Ihre Arbeit ist gefährlich? Wenn Unfälle oder Gesundheitsrisiken drohen, kann eine sofortige Kündigung sinnvoll sein. Das gilt vor allem dann, wenn Ihr Arbeitgeber die Risiken nicht abstellen kann oder will. Den zuständigen Aufsichtsbehörden können Sie solche Missstände melden.
  • Sie sind dauerhaft unglücklich in Ihrem Job: Jeder hat mal einen schlechten Tag bei der Arbeit. Wenn aber einer auf den anderen folgt, zum Beispiel weil Sie von den Kollegen gemobbt werden, sollten Sie lieber heute als morgen kündigen. Gleiches gilt, wenn Sie Ihre Tätigkeit nur noch verfluchen. Dann wird es immer schwerer, genug Energie für die Suche nach einer neuen Stelle aufzubringen.

Die Kehrseite: Diese Konsequenzen sollten Sie einplanen

Eine längere Phase der Arbeitslosigkeit ist nicht Ihr einziges Risiko, wenn Sie ohne einen neuen Job kündigen. Hinzu kommen:

  • Finanzielle Konsequenzen: Bei eigener Kündigung gelten Sie als “selbstverschuldet arbeitslos” und müssen deshalb mit sogenannten Einstelltagen beim Arbeitslosengeld rechnen, für die Ihnen das Taggeld gestrichen wird. Sie müssen diese Zeit ohne Einkommen überbrücken können. Wie lange Sie keine Arbeitslosenentschädigung erhalten, wenn Sie selbst kündigen, entscheidet die Arbeitslosenkasse von Fall zu Fall individuell. Meist sind es zwischen 31 und 40 Sperrtagen. Das RAV darf aber auch eine Einstellung von bis zu 60 Tagen verhängen. Diese Sperre kann allerdings wegfallen. Nämlich dann, wenn Ihnen ein Verbleib in der Firma nicht zumutbar ist. Das ist zum Beispiel so, wenn Sie der Job nachweislich krank macht.
  • Reaktionen Ihres Umfelds: Eine Kündigung ohne neuen Job gilt vielen immer noch als No-Go. Stellen Sie sich darauf ein, dass Familie und Freunde mitunter kein Verständnis für Ihre Entscheidung aufbringen und Sie möglicherweise heftig kritisieren.
  • Erklärungsbedarf bei Bewerbungen: Zwar sind Lücken im Lebenslauf heute für viele Personaler kein Ausschlusskriterium mehr. Dennoch werden Sie Ihre Kündigung potenziellen neuen Arbeitgebern im Vorstellungsgespräch nachvollziehbar erklären müssen. Dafür sollten Sie eine überzeugende Begründung parat haben und ehrlich bleiben.
  • Schlechtere Verhandlungsposition beim neuen Arbeitgeber: Wer sich als Arbeitsloser bewirbt, hat bei potenziellen neuen Arbeitgebern manchmal schlechtere Karten, vor allem bei Lohnverhandlungen.

Nach der Kündigung: Die richtige Einstellung zählt!

Ihr Entschluss steht fest: Sie reichen die Kündigung ein! Auch wenn sich das zunächst nach einem Befreiungsschlag anfühlt: Früher oder später werden Sie sich womöglich um Ihre Zukunft sorgen. Für den Fall sollten Sie die richtige Einstellung entwickeln. Denn damit legen Sie den Grundstein, um einen neuen Job zu finden, mit dem Sie zufrieden sind.

  • Betrachten Sie Ihre Kündigung nicht als Scheitern, sondern als notwendige Massnahme. Sie verschafft Ihnen bei der Jobsuche sogar einen Vorteil: Anders als viele Mitbewerber sind Sie sofort verfügbar!
  • Machen Sie sich Ihre Stärken und Fähigkeiten bewusst. Sie haben einiges zu bieten.
  • Stehen Sie zu Ihrer Entscheidung, und legen Sie sich eine gute Erklärung für Ihre Kündigung zurecht, die auch Personaler überzeugt.

So können Sie den Bewerbungsprozess selbstbewusst und optimistisch angehen. Im Idealfall beginnen Sie mit der Suche nach einem neuen Job direkt nach der Kündigung oder sobald Sie gesundheitlich wieder fit sind.

Wir bei Robert Half unterstützen Sie gern dabei: In unserer Jobbörse finden Sie täglich aktualisierte Angebote aus dem Finanz- und Rechnungswesen, der IT-Branche sowie dem kaufmännischen und Assistenzbereich.

 

Bildquelle: © bernardhermant - Unsplash.com

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